Mit dem einen Fuß auf dem Gas und dem anderen auf der Bremse!
Die häufigsten Fehler, die Hotels oder Ferienhausanlagen in der Distribution machen. Wenn die Abteilung ‚Umsatzabwehr‘ aktiv ist.
Stellen Sie sich vor, da sind noch hunderte von Zimmerwünschen für die nächste Woche und Ihr Hotel ist nicht buchbar. Tatsächlich passiert das in vielen Hotels fast täglich.
Sehr einfache Gründe sind:
- Gäste wollen drei Einzelzimmer buchen. Es werden nur zwei Einzelzimmer buchbar gemacht.
- Gäste wollen ein Dreibettzimmer buchen. Es sind nur Einzel- und Doppelzimmer buchbar.
- Gäste wollen fünf Nächte bleiben. Die Nacht von Dienstag auf Mittwoch ist wegen einer Gruppe nicht buchbar, niemand weiß, wie man einen Softclose einrichtet, um die fünf Nächte dennoch anzunehmen.
In allen drei Fällen wird Ihr Haus in den meisten Buchungsmaschinen auf der eigenen Webseite nicht als verfügbar angezeigt. Und in den Online Reisebüros auch nicht. Und damit ist das Hotel auch schonnicht mehr im Google Suchergebnis.
Viele Hoteliers sind offenbar Optimisten. Sie hoffen, der Gast ruft an, um doch zu klären, ob es nicht eine Möglichkeit gibt. Realistisch ist wohl eher, dass das Zimmer leer stehen wird. Oder es wird am Anreisetag einem Walk In für einen Spottpreis angeboten. Leider gilt noch viel zu oft die Devise: Lieber für 50 € einem Walk In das leere Zimmer anbieten, als es für 120 € als 3-Bett-Zimmer Expedia verkauften und 18% Provision zahlen. Komische Rechnung, oder?
Diese Checkliste soll helfen zu erkennen, ob die häufigsten Fehler im Onlineverkauf auch in Ihrem Haus gemacht werden. Fehler, die viel Umsatz kosten. Leider denken immer noch zu viele Hotels an eine Provisions-Vermeidungs- als an eine Umsatzoptimierungs-Strategie. Zu zahlende Provisionen sind eben leichter zu errechnen, als den Umsatz, den man nicht bekommt.
Fehler Nummer 1: Manuelle Pflege, fehlende Schnittstellen
Preise und Verfügbarkeiten werden manuell in Extranets gepflegt. Es wird nur ein kleines Zimmerkontingent eingerichtet. Damit sind ein kluger Kategorienverkauf oder gar eine dynamische Preisstratege unmöglich.
Fehler: Kein Channel Manager oder fehlende 2-Wege Schnittstellen zur Hotelsoftware. Schätzung: Kostet 80 bis 100% des möglichen Umsatzes.
Fehler Nummer 2: Mangelhaftes Kategorien-Management
Zu viele Zimmer-Kategorien. Falsche Preisabstände zwischen den Kategorien. Keine Überprüfung, ob Gäste die Preis-Leistungsunterschiedene genauso wahrnehmen, wie es für optimale Verkaufsergebnisse nötig ist. Und natürlich damit zusammenhängend: Nur ein Teil der Kategorien wird für den Onlineverkauf freigeschaltet. Die Unkenntnis, wieviel ein Gast für ein besseres Zimmer zu zahlen bereit ist, führt oft dazu, dass die Standardzimmer immer zuerst ausgebucht sind. Somit haben Gäste gar keine Wahl. Upselling als Zwangsmaßnahme funktioniert selten.
Fehler: Gewachsene Hotels, fehlende Strategie beim Kategorien Management, zu wenig Analyse von Mehrleistung und höherer Preisbereitschaft.
Fehler Nr. 3: Zu geringe Reichweite, nicht alle relevanten Vertriebswege werden angebunden
Eigentlich ist es fast nicht zu glauben. Aber viele der privat geführten, kleineren Hotels sind nur bei booking.com buchbar. Vielleicht noch beim HRS. Selten bei Expedia. Kaum bei kurzurlaub.de. Meistens nicht beim Buchungsweg der eigenen Destination. Kaum einer weiß, dass das Appartement auch bei Ferienwohnungsportalen oder Airbnb buchbar gemacht werden kann. Oder dass das Familienzimmer auch bei Hostelworld und ähnlichen Anbietern platziert werden könnte. Zu viel Nachfrage gibt es nicht. Zu viel Nachfrage muss mit höheren Preisen beantwortet werden. Wenn mein Fensterputzunternehmen jammert, dass es zu viel zu tun hat (und keine Mitarbeiter findet), dann muss ich ihm auch sagen: Du bist zu billig. (übrigens hat er deswegen auch keine eigene Webseite, könnten ja Neukunden kommen….)
Fehler: Fehlende Analyse und fehlende Kennzahlen. Zu wenig Wissen, welche Vertriebswege es gibt und wo die eigene Zielgruppe sucht. Und natürlich: zu wenig Zeit, weil zu wenig Automatisierung.
Fehler Nummer 4: Keine Ausbildung, keine Analyse, zu viel Bauchgefühl
Zugegeben: die Analysemöglichkeiten in den meisten Hotelsoftware-Programmen sind begrenzt. Bis man erkennt, dass ein Vertriebsweg schwächelt, kann dauern. Aber es gibt viele, sogar kostenfreie Möglichkeiten zu analysieren, ob man seinen „fairen Anteil“ vom digitalen Geschäft bekommt. Die meisten OTA, wie Expedia oder Booking.com bieten recht gute Analysetools an. Wenn man allerdings lieber auf die Vertriebswege schimpft, als ein Webinar von denen zu besuchen, nimmt man das vielleicht gar nicht so wahr.
Darüber hinaus gibt es zahlreiche, sehr bezahlbare webbasierte Revenue Management Tools, die auch kleinen Hotels gute Dienste leistenn könnten. Im Onlineverkauf ist es entscheidend, dass der angebotene Preis und die Nachfrage aufeinander abgestimmt sind.
Revenue Management Tools helfen auch ohne anstrengende Excelanalysen solche Fragen zu beantworten:
- Wo sind wir zu billig, weil eine hohe Nachfrage höhere Preise erlaubt?
- Wo sind wir zu billig, weil die Hauptwettbewerber gar nicht mehr buchbar sind – z.B. im Standardzimmerbereich.
- Wie viel besser oder schlechter verkauft sich ein bestimmter Tag im Vergleich zum selbsten Tag des Vorjahres?
Fehler: Vertriebskennzahlen sind nicht im Fokus des Managements. Gute und bezahlbare Software für bessere Geschäftsanalysen oder bessere Nutzung von Gästedaten ist nicht bekannt und wird daher nicht eingesetzt.
Fehler Nummer 5: Kein Fokus auf Langfristnachfrage
Es ist jedes Jahr zu bemerken: Im September sind mehr als 50 % der Hotels noch nicht für den Januar des Folgejahrs buchbar. Ein Fehler, der direkt mit dieser Ignoranz zusammenhängt: Wer den Langfristgast nicht belohnt, der muss mit stupiden Last Minute Angeboten die Strategien kluger Wettbewerber durchkreuzen.
Fehler: Die Überzeugung, dass alle Gäste kurzfristig buchen. Rollierende Vertriebsfreischaltung mit 365 Tagen Vorlauf wird nicht umgesetzt. Mitarbeiter warten darauf, bis der Chef Ende November die Preise für das Folgejahr freigibt.
Fehler Nummer 6: Jede Rabattaktion der OTA wird mitgemacht. Die eigene Webseite weiß von nichts
Genius, Summersale, Corporate Rates, Exklusivpreis… . Die meiste Online Travel Agents sind gute Verkaufsexperten. Sie testen, messen, verbessern. Kontinuierliches Lernen sichert den Erfolg. Egal welches Special sie anbieten, es finden sich IMMER ausreichend Hotels, die mitmachen. Und gleichzeitig hängt auf dem Klo der „bitte buch direkt Button“. Muss man noch mehr dazu sagen?
Fehler: Keine Regeln zum Umgang mit externen Vertriebspartnern, keine Direktverkaufsstrategie. Keine Kennzahlen die Entwicklung im Vertrieb zu tracken.
Fehler Nummer 7: Zu wenig Automatisierung
Der Ruf nach qualifizierten Mitarbeitern ist groß, aber die vorhandenen Mitarbeiter werden mit Aufgaben beschäftigt, die eine ordentliche Software viel besser und schneller erledigen würde. Mehr Bereitschaft und Investition (und Ausbildung, um die richtigen Investitionen zu tätigen) sind angeraten. Die Einstellung: „wir wollen überhaupt keine manuell zu bearbeitenden Anfragen“, wären die Richtige. Auch für Gruppen, Tagungen, Tischreservierungen, Brunch Tickets und Gutscheine, Massagen und Leihfahrräder und und und …..
Fehler: Kosten für Mitarbeiter, die „eh da“ sind werden unterschätzt. Angst vor Technik.
Fehler Nummer 8: Zu wenig Fokus auf Gästebewertungen
Auf einem Bewertungsscore von 1 bis 10 bei einem OTA oder in einer Metasuchmaschine (wie beispielsweise Trivago) mit weniger als 7 bewertet zu sein, kostet bis zur Hälfte des Umsatzes, den ein Score über 8 produzieren könnte. Das muss wohl unbekannt sein, ansonsten würden auch Individualhotels das Thema Bewertungs- und Qualitätsmanagement ernster nehmen.
Fehler: Gästebewertungen werden immer noch unterschätzt, nicht sauber ausgewertet und nicht als wichtige Informationsquelle für Entscheidungen genutzt.
Fehler Nummer 9: Zu viel Vertrauen in mittelprächtige Webagenturen
Webseiten liegen auf desolat konfigurierten Content Management Systemen. Booking Engins zeigen nahezu keine Produktion. Kennzahlen wie Konversion oder Cost per Order sind weitgehend unbekannt. Und die Entschuldigung: das macht doch meine Agentur. Diese Einstellung ist vergleichbar mit einer ausgelagerten Zimmerreinigung, die verdreckte Zimmer und unhygienische Bäder hinterlässt. Sie würden handeln, oder?
Fehler: Die Idee unbedingt lokal beschaffen zu müssen, ist ein häufg gemachter Fehler. Wenn eine Webagentur nicht intelligent über Interessenten- und Käuf-Konversion berichten kann und die eigene Webseite wie einen alten Flyer behandelt, sind sie die falschen Partner!
Genau so ist es. Fast keine Ergänzung nötig. Bis auf: ich finde zu viel Automatisierung auch nicht gut. Denn erstens fallen Schnittstellen und einzelne Programme dann und wann aus. Und zweitens: wenn alles automatisiert ist, lernen die jungen Mitarbeiter nicht mehr, um was es geht. Bei dem vorherrschenden MA Mangel und -wechsel verlässt das Know How schnell einmal den Betrieb – wer macht dann weiter? Zumindest einer im Betrieb muß ein Spezialist in diesen Dingen sein. Aber im Kleinbetrieb geht das häufig nicht. Deshalb ist Auslagern an Agenturen nicht immer negativ zu sehen. Wir machen das z.B. für Betriebe… funktioniert gut, lässt sich an den Ergebnissen ablesen. HG, Thomas
Hallo Thomas, freut mich, dass Sie in die Diskussion einsteigen.
Meine Erfahrung mit voller Automatisierung ist die folgende: die wenigen Mitarbeiter, die noch zu finden sind, sollten optimale Tools erhalten, damit sie sofortige Transparenz und gute Entscheidungsgrundlagen haben. Bei wenig automatisierten Betrieben herrscht leider auch meistens wenig Know How. Auch begleitende Agenturen sind schneller, wirkungsvoller und am Ende preiswerter, wenn sie gute Tools einsetzen. Viele Grüße Gabriele
Es ist wirklich erstaunlich: Seit meiner BW Zeit gibt es immer bessere Tools, die auch immer leistbarer werden. Trotzdem bleiben Problematik /Fehler dieselben wie vor 7 Jahren. Diejenigen, die den meisten Bedarf haben, sind sich am wenigsten dessen bewusst und daher „beratungsresistent“. Der Mensch mag einfach keine Veränderungen – das ist genetisch verankert ..zumindest bei den meisten 🙂
„Auf einem Bewertungsscore von 1 bis 10 bei einem OTA oder in einer Metasuchmaschine (wie beispielsweise Trivago) mit weniger als 7 bewertet zu sein, kostet bis zur Hälfte des Umsatzes, den ein Score über 8 produzieren könnte. Das muss wohl unbekannt sein, ansonsten würden auch Individualhotels das Thema Bewertungs- und Qualitätsmanagement ernster nehmen.“
Das hätte ich so ja gar nicht gedacht, dass bereits ab 7 der Umsatz bereits massiv zurückgeht. da ist man als Hotel ja fast schon gezwungen einen Mitarbeiter nur mit solchen Portalen zu beschäftigen. Ein wirklich interessanter Beitrag!
Vielen Dank für Ihre Kommentar. Sie haben offenbar ein paar schlechte Hotelerfahrungen gemacht… Nach aktuellen Studien sind tatsächlich mehr als 80% aller öffentlichen Hotelbewertungen in D eindeutig positiv.Die große Mehrheit der Hotels stellt ihre Gäste doch zufrieden. Viele Grüße Gabriele Schulze