Die ‚Stornierungsfrist‘ als aktiver Produktbestandteil


20 Jahre alte AGB und ebenso alte Stornierungsfristen gehören ins Museum für aussterbende Hotelprodukte!

In 5-Punkt-Schrift fristeten sie jahrelang ein Schattendasein in den AGB. Stornierungsfristen wurden von Generation zu Generation vererbt und sehr selten in Frage gestellt. Und damit tut man ihnen völlig unrecht. In die Allgemeinen Geschäftsbedingungen gehört eigentlich nur eine Information: Nämlich die, dass Buchungen verbindlich sind und nur dann storniert werden können, wenn dies ausdrücklich im Rahmen der Buchungen mitgeteilt oder vereinbart wird.

Insbesondere viele Ferienhotels schließen durch zu lange und sehr starre Stornierungsfristen und prozessaufwändige Zahlungstermine mittlerweile große und preisbereite Zielgruppen einfach aus. Und viele Stadthotels verzichten auf optimale Profitabilität, da sie immer noch die ‚18.00 Uhr Buchung‘ anbieten, also die Möglichkeit nicht mal absagen zu müssen, wenn man ein reserviertes und aus dem Vertrieb entferntes Zimmer doch plötzlich nicht mehrnehmen möchte.

Die generelle Empfehlung, die Stornierungsfrist von der Zielgruppe und dem angebotenen Tarif abhängig zu machen, sollte jeder Hotelier, egal ob Stadt- oder Ferienhotel umsetzen.

Wie genau, sollte man den eigentlich vorgehen, um eine profitable und dennoch gastfreundliche und vor allem verkaufsfördernde Stornierungsfrist anzubieten? Hier die Empfehlungen:

 

  1. Teilen Sie Ihre Gäste in sinnvolle Zielgruppen oder sogar so genannte ‚Personas‘ und entwickeln Sie maßgeschneiderte Tarife. Beispiel: Wanderer, bleiben mindestens 7 Tage, kommen zur mittleren Nachfragezeit, wählen stets Halbpension. 80 % dieser Gäste bucht ca. 6 – 8 Wochen vor ihrer Anreise. Der perfekte Tarif: Ein 8 Nächte Mindestaufenthalt als Tausch für einen 10% Rabatt, Halbpension, Lunchpaket, 6 Wochen vor Anreise letzter kostenfreier Stornierungstermin. Zahlung bei Abreise. Oder: ist die Wanderzeit bei Ihnen die absolute Hochsaison, dann könnte man auch folgendes zum Produktbestandteil machen: Die Buchung kann nicht mehr kostenfrei storniert werden. Bis 6 Wochen vor Anreise werden 10% berechnet, die auch als Deposit nach Buchung zu zahlen sind. Danach werden 50% und 7 Tage vor Anreise 90% als Stornierungskosten fällig.Vorteil:
    Wenn 80 % dieser Zielgruppe erst 6 Wochen vor Anreise bucht, teilen Sie auf charmante Weise mit, dass es einen kulanten Stornierungstermin gibt. Vor allem denen, die sehr lange im Voraus buchen. Noch klüger ist allerdings die Variante 2. Denn sie beinhaltet etwas, vorauf Sie jeden Fall ein Recht haben: eine Bearbeitungsgebühr für jede Stornierung. Denn das Einbuchen, das Zimmer aus dem Vertrieb nehmen, ggf. die Gastkorrespondenz hat bereits einen Aufwand erfordert. Tritt der Gast zurück entsteht der gleiche Aufwand wieder. Das sollten Gäste von unserer Branche lernen.Natürlich sollte es zur Erweiterung der möglichen Zielgruppen stets auch einen möglichst flexiblen und entsprechend hochpreisigen Tarif geben. Wer seinen Gästen die Wahl lässt, hat meistens eine größere Auswahl buchungswilliger und preisbereiter Gäste.
  1. Stellen Sie sicher, dass Ihre Stornierungsregeln, ebenso wie Ihre Kinderregeln distributionsfähig sind. Ohne Reichweite ist alles nichts!
    Um nicht nur mit dem Preis den externen Vertrieb nicht besser zu stellen, sondern auch bei den die Zahlungs- und Stornierungsbedingungen möglichst einheitlich anzubieten, sollten die geplanten Konditionen frühzeitig mit den wichtigsten Distributionswegen abgestimmt werden. Allen voran die eigene Web Booking Engine und als Datenbasis das eigene Property Management System.Wenn Booking keine 90 Tage Stornierungsfrist ermöglicht, man aber ganz sicher ist, dass dies der perfekte Zeitraum ist (wegen des Buchungsvorlaufes der besagten Persona), dann sucht man die nächst mögliche Regelung und prüft gleichzeitig, ob diese nicht für alle Distributionswege ein gangbarer Weg ist.
ABB: Möglichkeiten maßgeschbeiderte Stornierungsregeln in Booking einzustellen

Ein letzter Tipp: Um die Distributionspartner zu mehr Flexibilität zu „ermutigen“ bekommen sie jeweils die etwas schlechtere Regel, wenn sie die gewünschte Regel aus technischen Gründen nicht anbieten können oder wollen.

Mit Online Travel Agents, die Ihnen einfach eigene Stornierungsfristen „aufdrücken“ wollen und gar keine tarif- oder nachfragebedingte Flexibilität erlauben, arbeiten Sie am besten nicht zusammen. Häufig wollen diese OTA nur ihren Kunden Verkaufsvorteile versprechen, die es im Hotel direkt oder bei einem anderem OTA nicht gibt!

 

4 Kommentare

  1. Hallo Frau Schulze
    Stornierungsbedingungen und die Kosten auf den Prüfstand stellen – eine gute Idee .
    Lg

  2. ich war gerade in Italien. Dort konnte man überhaupt nicht mehr stornieren, da man einen „Sonderpreis“ gebucht hatte, z.T. sogar Vorkasse leisten musste, ohne stornieren zu können

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